Countercast geht in treibender Post Hardcore-Manier ans Werk. Zwei Metalcore-Gitarristen, ein Rock-Drummer, ein Punk-Bassist und ein ehemaliger Death Metal-Reimeschmied kommen zusammen und vermengen ihre Einflüsse zu einer knallharten Legierung.
Der Gegenschlag kommt so unerwartet wie gnadenlos: dass Countercast mit hymnischer Harmonie und stolzen Gitarrenphrasen lupenreinen Heavy Metal zelebrieren, ganz so, wie es ihr Song „A New Beginning“ eingangs verspricht, stellt sich nach nur wenigen Sekunden als Irrtum heraus. Dann nämlich, wenn die fünfköpfige, Anfang 2013 gegründete Formation aus Iserlohn mit komplex donnernden Drums, brachialem Riffing und hier stoischem, dort geschrienem Gesang ihre Post-Hardcore Einflüsse hörbar macht.
Mit Countercast – ein veralteter, nicht mehr gebräuchlicher Begriff aus dem englischen Wortschatz – bezeichnete man einst einen trügerischen Plan, einen Trick. Auch die Band um Sänger und Shouter Mika Mex führt in die Irre: traditionelle Songstrukturen werden angedeutet und sogleich mit entfesselter Energie regelrecht gesprengt – wer sich in Sicherheit wähnt, weil er glaubt zu wissen, was der Fünfer will, der wird schnell eines besseren belehrt. Wer Countercast indes ohne musikalische Scheuklappen begegnet, wer es wagt, in die bisweilen düsteren Klangwelten einzutauchen, der wird mit einem furiosen Kaleidoskop unterschiedlicher Stile härterer Gangart belohnt.
Vielschichtig und ungezügelt gehen Countercast auch auf ihrem 2014 erschienenen, komplett in Eigenregie entstandenen Debütalbum zur Sache: Portrait of Mind (Porträt des Verstandes) heißt das von Gitarrist Christoph Adler überzeugend produzierte Werk, dessen zehn Songs einen faszinierenden Einblick in das abgründige Wesen der Formation geben. „Remorse“ etwa ist ein sich behutsam aufbäumender Gigant aus warm schimmernden Harmonien, bissigen Vocals, wuchtigem Riffing und vertrackten Schlagzeugsounds. Hochgeschwind und rasiermesserscharf kommt „The Rupture“ daher, ein bitterböser Abgesang auf Ignoranz und Gier: beides Eigenschaften, die – so will es die rasante Hardcore-Weise – schließlich die Menschheit in die Katastrophe führen.
Ihren mal persönlichen, mal gesellschaftskritischen Texten verpassen Countercast ein dynamisch perfekt austariertes Soundgewand, angereichert mit gewaltigen, bisweilen verschachtelten Grooves, die mehr auf das Unbewusste einzuwirken scheinen, als auf den Bewegungsapparat. Trotzdem liefert das Quintett genug Futter für den Moshpit, versorgt alle headbang-affinen Metaller mit Breakdowns, alle Hardcore-Jünger mit stürmischer, zum Slamdance auffordernder Klanggewalt – und führt so Fans unterschiedlicher Musikrichtungen zusammen.
Portrait of Mind macht klar: Countercast verstehen ihr Handwerk. Die fünf Musiker sammelten bereits Erfahrungen in diversen Bandprojekten, darunter die Metalcore-Combo All Hope Dies, die Ska-freudigen Bubblegum-Punker SpaceToasters sowie die Death-Metal-Formation Sions Funeral. Inspirationen für ihre Songs ziehen sie wiederum aus den Klängen von Bands der Marke Alexis on Fire, Papa Roach, Enter Shikari und Bring Me the Horizon. Doch Countercast gehen ihren eigenen Weg, haben ihre eigene musikalische Vision, der sie mit immenser Spielfreude druckvoll Leben einhauchen. Wer zeitgemäßen Post-Hardcore mit einer guten Portion Heavy Metal zu schätzen weiß, wem Metalcore oft zu pragmatisch und Melodic Hardcore zu uninspiriert ist, der ist bei Countercast an der richtigen Adresse.